Erweiterung des Horizonts

In dem Lied „Über den Wolken“ singt Reinhard Mey „… was uns groß und wichtig erscheint, wird plötzlich nichtig und klein.“ Man hat einen ganz anderen Blick auf die Welt und auf die eigene Welt – plötzlich einen viel weiteren Horizont.

Im Alltag wird der eigene Horizont manchmal durch viele Nebensächlichkeiten unnötig reduziert – ganz modern sind Horizonte unter 0,5 m durch Smartphones. Aber auch im direkten Umfeld können Aufregung und Ärger über Kleinigkeiten den Blick fürs Große und Ganze reduzieren. Wenn ich weiß, was ich getrost übersehen darf, worüber es sich nicht lohnt, sich zu ärgern oder zu sorgen, wird befreit aus einer engen Welt.

Jesus macht deutlich, dass sich Gott auch um das kümmert, was für den Alltag notwendig ist (Matth. 6, 28-34). Was für eine Befreiung, die wir Menschen täglich erleben können.

Auch in der menschlichen Sehnsucht nach Erlösung stellt das menschlich Naheliegende eine Blockade dar. Es ist Weitblick nötig, um Gottes Liebe und Gnade zu uns Menschen einigermaßen begreifen zu können.

Wir wünschen allen Gottes Segen und immer wieder aufs Neue Erweitern des eigenen Horizonts.

Vertrauen in Liebe und Gerechtigkeit führt zu Selbstvertrauen

Dieses Mal habe ich zu diesem Foto mit dem Bären, der uns in Kanada im Auto beobachtet hat, einen passenden Spruch gesucht. Dummerweise ist dabei der maximal missbrauchte Begriff Wahrheit eingebettet, der alles aushebeln kann.

Wahrheit wird nicht selten auf richtig oder falsch reduziert und weiter, wenn die Wahrheit ans Licht kommt, dann wird es Gerechtigkeit geben. Mir ist das zu einfach.

Besonders der Anspruch Jesu: „Ich bin Weg, Wahrheit und Leben…“ (Joh. 14, 6) macht mir deutlich, es gibt noch eine weitere Dimension. Es ist nicht schwer, aus den zahlreichen Aussagen Jesu auf die Liebe zu kommen.

Übertragen auf unseren Spruch heißt das:

  • Vertrauen auf die Liebe und auf die Gerechtigkeit
  • Vertrauen, dass die Liebe bereits heute die stärkste Macht ist und am Ende die Gerechtigkeit siegt.
  • Diese Vertrauensbasis gibt dem Menschen Raum, in dem sich das eigene (Selbst-) Bewusstsein entwickeln kann.

Das stärkt die Seele immens und macht „bärenstark“.

Gott sei Dank dafür für diese Zuversicht, die wir Menschen im Vertrauen haben dürfen.

Entscheidend ist das Ziel und der Weg dorthin

Es war nach der Eingemeindung des kleinen Orts Itzelberg, als wir in der 5. Klasse von unserem Klassenlehrer bei Störungen im Unterricht regelmäßig zu hören bekamen: „Ach der XY, natürlich ein heimtückischer Itzelberger.“

Das ist jetzt fast ein halbes Jahrhundert her, aber es scheint sich wenig geändert zu haben. Noch heute reicht vielen die Herkunft eines Menschen, um sich ein Urteil von ihm zu bilden.

Vielmehr als die Herkunft, und damit die Vergangenheit, sagt das Ziel und sein eingeschlagener Weg über einen Menschen aus. Was sind seine Interessen, wie setzt er seine Prioritäten, wofür investiert er Zeit und Geld.

Die Frage nach dem Ziel und dem Weg zum Ziel berücksichtigt, dass Menschen Kurswechsel im Leben vornehmen können. Damit vermeiden wir, in vergangenen Phasen rumzustochern und sind sofort im Jetzt und hier. Paulus schreibt von sich selbst: „Eins aber tue ich: Ich lasse das, was hinter mir liegt, bewusst zurück, konzentriere mich völlig auf das, was vor mir liegt…“ (Phil. 3, 13).

Wir wünschen allen in der Begegnung mit anderen und auch für sich selbst diesen bewussten Blick nach vorne.

Kirche ist Hospital für Sünder

… Kirche ist auch kein Kloster, in dem Menschen nach strengen eigenen Regeln allen Freuden entsagen

… Kirche ist auch keine Spielhalle, in der theologische Divisionen ihre Machtspiele aushecken

… Kirche ist auch kein Theater, welches Fromme als Bühne zur Selbstdarstellung nutzen dürfen

Der Spruch, der Abigal von Buren zugeschrieben wird, könnte bestimmt jeder durch eigene Erlebnisse ergänzen.

Genau deshalb ist es wichtig, immer wieder sich bewusst zu machen, was der einzig legitime Grund der Existenz einer Kirche ist – Hospital für Sünder

Jesus formuliert dies wie folgt: »Kommt zu mir, ihr alle, die ihr euch plagt und von eurer Last fast erdrückt werdet; ich werde sie euch abnehmen.“ (Matth. 11, 28 NGÜ)

Wo diese Zusage Jesu wirken kann, erhellt sie kirchliche Räume und bringt Leben in die Strukturen. Kirche wird dann zu dem Ort, an dem die Seele ruhen und heilen kann.

Wir wünschen allen solch einen Raum zum Leben und Gottes Segen, durch persönliches Engagement solche Orte zu entwickeln.

Evangelium = Christus ist beides Erlöser und Richter

Das Evangelium scheint nichts für Menschen zu sein, die sich schnelle und einfache Antworten wünschen. Erlöser und Richter, beides in Gott vereint – das fordert uns Menschen einerseits, aber es gibt auch Sicherheit anderseits.

Leicht entstehen Enttäuschung, Ärger und Zorn bei Nachrichten über soziale und wirtschaftliche Ungerechtigkeiten sowie zunehmender politischer und religiöser Willkür.

Daneben existiert eine große Sehnsucht nach wirklichem Leben, nicht gefangen zu sein von eigener Lieblosigkeit, Versagen und Schuld, sondern so befreit zu sein, dass ich Menschen und mich selbst unvoreingenommen lieben kann.

Die eine gute Nachricht (Evangelium) ist, dass wir uns nicht intensiv und dauerhaft mit eigenen Fehlern und Fehlern von Anderen beschäftigen müssen, um zu einem ordentlichen Urteil zu kommen, sondern dies in Gottes Hände wissen.

Die andere gute Nachricht ist, dass Gott uns von unserer Schuld und Fesseln (er)löst und wir damit entfesselt sind zum Leben, einem Leben, das eine unvorstellbare Blütenpracht mit lieblichem Geruch hervorbringt.