Ich bin, der ich bin

Auf die zentrale Frage „Wer bin ich?“ höre ich oft: „ich bin die Mutter von …“. oder „ich bin die Frau von …“. Bei Männern: „ich bin der engagierte Mann vom…“. All das sind oft beeindruckende Antworten, aber die eigentliche Frage ist damit nicht beantwortet! Mose fragte Gott, wer du bist was soll ich sagen? Gott antwortete: „Ich bin der ich bin!“ (2. Mose 3, 14). Können wir sagen: „Ich bin der ich bin!“ „Ich bin die …“ „Ich bin der…“? Um das sagen zu können, bedarf es einer gewissen inneren Stärke, denn nicht jedem passt es Menschen um sich zu haben, die wissen wer sie sind. Zu viele versuchen einen so zu formen, wie sie es gerne hätten – allen voran der Arbeitgeber, aber auch Vereine und Kirchen, die Verwandtschaft, manchmal auch die Familie oder sogar der Ehepartner – und gehen auf Distanz, wenn sie den anderen nicht so bekommen wie sie das gerne hätten. Andererseits sind Beziehungen zu Menschen, die sich mit ihren Stärken und Schwächen angenommen haben, besonders intensiv und damit besonders wertvoll. Das gilt auch für den persönlichen Glauben an Gott. Wir wünschen allen die innere Stärke und Gottes Segen sich selbst so anzunehmen, wie sie sind.

Liebe ist nur in dem, der liebt

Bei dem Spruch habe ich mich an ein Buch erinnert, das ich vor langer Zeit gelesen habe: „Die Kunst des Liebens“ von Erich Fromm. Heute einfach ein paar Zitate daraus zum Nachdenken:
  • „Die meisten Menschen sehen das Problem der Liebe in erster Linie als das Problem, selbst geliebt zu werden, statt zu lieben und lieben zu können.“
  • „Das tiefste Bedürfnis des Menschen ist … aus dem Gefängnis seiner Einsamkeit herauszukommen.“
  • „Liebe ist eine Aktivität und kein passiver Affekt. Sie ist etwas, das man in sich selbst entwickelt, nicht etwas, dem man verfällt.“
  • „Liebe ist nur möglich, wenn sich zwei Menschen aus der Mitte ihrer Existenz heraus miteinander verbinden.“
  • „In der Liebe kommt es zu dem Paradoxon, dass zwei Wesen eins werden und trotzdem zwei bleiben.“
  • „Paradoxerweise ist die Fähigkeit, allein sein zu können (es mit sich selbst aushalten zu können ohne jede Ablenkung), die Vorbedingung für die Fähigkeit zu lieben.“
Wir wünschen allen Gottes Segen bei mit diesen Gedanken, die in unserem Alltag an Aktualität zugenommen haben

haben oder SEIN

Den heutigen Spruch kann man auf unterschiedliche Weise deuten – mein Impuls deutet sich durch die Schreibweise in Großbuchstaben an, HABEN oder SEIN. Der kleine Prinz fragt einen, der Sterne besitzt: „Ich besitze eine Blume, die ich jeden Tag gieße … Es ist gut für meine Vulkane und es ist auch gut für meine Blume, dass ich sie besitze. Aber du nützt den Sternen gar nichts …“ HABEN wollen, HABEN müssen, weil mein Leben abhängig von meinem Besitz (materiell – Haus, Auto, Bankkonto… oder immateriell -Titel, Stellung, Anerkennung…) ist? Mit „SEIN“ meint Erich Fromm, „eine Existenzweise, in der man nichts hatund nichts zu haben begehrt, sondern voller Freude ist, seine Fähigkeiten produktiv nutzt und eins mit der Welt ist.“ SEIN heißt nicht nur auf sich selbst zu achten, sondern auch achtsam zu sein auf seine Umgebung, seine Mitmenschen, die Umwelt… Konsequenterweise bedeutet das auch, nicht einen Glauben zu HABEN, sondern im Glauben zu SEIN, im Glauben an Jesus Christus zu leben.

Wer seinen Glauben mit Gründen verteidigt…

Manche Menschen meinen, jedes Tun begründen zu müssen – auch im Glauben. Warum muss ich alles begründen/verteidi­gen? Begründen/verteidigen muss ich mich nur, wenn ich angeklagt werde – wer klagt mich an? Andere oder ich mich selbst? Mit welchem Recht klagen andere mich an/klage ich mich selbst an? Ein anderer Aspekt: wenn ich alles begründen muss, wenn diese Begründungen das Fundament meines Glaubens darstellen, und ich dann in einer Diskussion/Debatte/Streitgespräch „untergehe“, weil andere mehr Wissen haben als ich oder die besseren Rhetoriker sind, hat mein Glaube dann zwangsläufig Schlagseite bekommen? Für mich hat der christliche Glaube viel zu tun mit Gotteserkenntnis aus der Bibel und gesundem Menschenverstand, aber vor allem, dass Glaube mit Beziehung zu tun hat, Beziehung zu Gott und zu meinen Mitmenschen. In Beziehungen sind wesentliche Elemente Liebe und Vertrauen. Liebende handeln nicht immer vernünftig, das macht Liebe aus. Der Grund liegt darin, weil ich von Gott geliebt werde, weil ich Gott liebe, weil ich Gott vertraue, weil Gott mir gnädig und barmherzig begegnet … Dazu stehe ich, egal, ob das andere akzeptieren oder auch nicht!

Vergebung ändert die Zukunft

Unser heutiger Spruch stammt aus einer sehr beeindruckenden Predigt zum Thema „und vergib uns unsere Schuld, wie auch wie vergeben unseren Schuldnern“ (Matth. 6, 12) über die Gefangenschaft aus Ereignissen der Vergangenheit, die mein Denken und Handeln heute immer noch beeinflussen und auch morgen und übermorgen immer noch beeinflussen werden.

Es geht in dem Bibeltext aus dem „Vater unser“ nicht nur darum, von der eigenen Schuld befreit zu werden, sondern auch darum, von der Schuld anderer an mir befreit zu werden.

Das Geniale daran ist, dazu brauche ich den anderen überhaupt nicht. Ich kann, ganz unabhängig von dem, der an mir schuldig geworden ist, mich aus diesem Gefängnis selbst befreien, in dem ich dem anderen einfach vergebe.

Vergebung ist genial einfach, aber praktisch doch sehr schwer, weil Vergebung das Innerste im Menschen berührt. Aber genau deshalb birgt Vergebung diese gigantische Möglichkeit der Veränderung in sich, die meine Welt verändert, damit die Welt um mich herum, und mir ein befreites Leben ermöglicht. Wir wünschen allen Gottes Segen, den Mut und die Kraft zur Vergebung jeden Tag aufs Neue

Link zur erwähnen Predigt von Werner Dullinger

Köngisdisziplin des ChristSEINs = Bruderliebe

Heinz Erhardt schrieb über die Nächstenliebe: „Die Nächstenliebe leugnet keiner, doch ist sie oft nur leerer Wahn, das merkst am besten du in einer stark überfüllten Straßenbahn. Du wirst geschoben und musst schieben, der Strom der Menge reißt dich mit. Wie kannst du da den Nächsten lieben, wenn er dir auf die Füße tritt?“ Die Bruderliebe ist noch herausfordernder, hier begegne ich nicht spontan Menschen in der Straßenbahn, sondern in einer festen Organisation, der Kirche. Je enger es dort wird, je mehr, vor allem theologisch, gedrückt wird, umso herausfordernder ist das mit der Bruderliebe. Dies gilt für alle Kirchen, am offensichtlichsten aber ist aktuell der Machtkampf um Papst Franziskus, der wegen seiner Betonung der Barmherzigkeit von manchen seiner Glaubensbrüder bereits als Häretiker, als „Abgefallenen vom kath. Glauben, bezeichnen“. Paulus widmet ein ganzes Kapitel (1. Kor. 13) der wunderschönen Beschreibung der Liebe: „Die Liebe ist geduldig und freundlich. Sie ist nicht neidisch oder überheblich, stolz oder anstößig. Die Liebe ist nicht  selbstsüchtig…“ Die Bruderliebe ist jedoch die Königsdisziplin; Jesus formuliert dies so: „Daran wird jedermann erkennen, dass ihr meine Jünger seid, wenn ihr Liebe untereinander habt.“ (Joh. 13,35)

„… so leben, dass man oben noch reinkommt“

Unser heutiger Spruch ist ein Zitat von Wolfgang Bosbach, ehemaliger Bundestagsabgeordneter der CDU, und hat mich beim Zeitungslesen diese Woche aus zweierlei Gründen sofort angesprochen. Erstens, bin ich ebenso einer, der versucht wenn möglich (mindestens) auf 2 Hochzeiten zu tanzen. Mit Hilfe des Paretoprinzips (mit 20 % Aufwand 80 % des Ergebnisses erreichen) gelingt es mir auch nicht selten. Das war jedoch nicht das Wesentliche, sondern das, was hinter dieser Aussage steckt, (gerade) noch oben reinkommen, diese Grenzwertbetrachtung, um das Optimum unten und oben zu bekommen. Genau das passt nicht zu meiner Vorstellung vom christlichen Glauben. „Wer den Sohn hat, der hat das Leben“ (1. Joh. 5, 12). Nicht erst oben, auch schon hier unten. Es ist ein alltagstaugliches Leben in neuer Qualität – unten noch unvollkommen und damit ein Leben aus der Gnade Gottes – oben in Vollkommenheit. Gott sei Dank für dieses großartige Geschenk, das eine Grenzwertbetrachtung mit den darin verbundenen Risiken überflüssig macht.

Hinter dem Horizont geht’s weiter

In dem Lied „Hinter der Horizont geht’s weiter“ wird beschrieben, wie Menschen plötzlich von dunklen Wolken umgeben sind und sich mit dieser Aussage Mut machen. Es können nicht nur dunkle Wolken sein, die den Horizont beeinträchtigen, meist sind es die Menschen selbst, die sich selbst begrenzen in ihren eigenen klein- oder großkarierten gedanklichen Möglichkeiten. Der Glaube ist ein Geschenk, den Horizont ganz wesentlich zu erweitern (auch wenn wir manchmal durch fehlgeleitete Fromme genau das Gegenteil erleben). Der christliche Glaube möchte einen Perspektivwechsel bei den Menschen in der Weise erreichen, dass sie die Welt so sehen, wie sie unser liebender Vater im Himmel sieht mit den Möglichkeiten, die Gott hat.  Damit sind Alltagssorgen nicht weg, aber deutlich reduziert: „Überlasst all eure Sorgen Gott, denn er sorgt sich um alles, was euch betrifft!“ 1.Petrus 5,7 Ein ganz besonderes Angebot, das dem Leben eine große Weite bringen kann – Gott sei Dank dafür.07

Wer unter Gott steht, steht über den Dingen

 

In dem Lied „Über den Wolken“ von Reinhard Mey heißt es: „… alle Ängste alle Sorgen bleiben darunter verborgen und was groß und wichtig erscheint, wird plötzlich nichtig und klein“.

Aus der Flugzeugperspektive und – noch höher – aus der Perspektive Gottes bekommt alles eine andere Bedeutung.

Bei unserem Vater im Himmel kommt noch hinzu, dass er uns nicht nur eine neue Sichtweise vermittelt, sondern uns Menschen im Alltag begleitet und hilft, Ängste und Sorgen bei ihm ganz bewusst abzugeben. Das ist wirkliche Befreiung. Somit können wir nicht nur vom Leben schwärmen, sondern wirklich „leben im Leben“.

Jesus sagt: „Sorgt euch nicht um euer tägliches Leben … euer himmlischer Vater sorgt für die Vögel unter dem Himmel. Und ihr seid ihm doch viel wichtiger als sie… Macht das Reich Gottes zu eurem wichtigsten Anliegen, lebt in Gottes Gerechtigkeit, und er wird euch all das geben, was ihr braucht.“

Wir wünschen allen diese Geborgenheit in Gott.

Verschiedenheit ist Bereicherung

Das heutige Foto ist ein kleiner Ausschnitt eines Werks in einem Museum der modernen Kunst. Die Mikrobetrachtung zeigt Wollabschnitte in verschiedenen Farben, die einzeln oder in Formen zusammengesetzt sind, viele parallel oder im rechten Winkel, andere in einem Kreis. Die Gesamtbetrachtung ergibt ein eigenes Bild, das über einen blauen Wollfaden mit dem Gesamtkunstwerk verbunden ist.
Trotz dieser vielen Unterschiede in Farben und Formen ist hier viel Einheit zu sehen. Nicht nur von den Materialien, auch in der Art der Farben und Formen. Solche Kunstwerke regen mich zum Nachdenken an. Zuerst meist: „Was soll denn das?“
Es ist diese Kombination von Verschiedenheit und Einheit, die den Wert nicht nur dieses Kunstwerks ausmacht.
Wir alle leben davon, dass wir Menschen verschieden sind. Die einen sind sehr praktisch veranlagt, ob Arbeit mit Holz, mit Metall, mit Gips, in der Elektrik, im Garten…, andere können sehr gut Kinder oder Erwachsene ausbilden, andere sind fit in Verwaltung, Finanzen, im Organisieren, wieder andere sind Künstler mit Worten, andere zeigen Menschen ohne Worte wie wertvoll sie sind… Gott sei von Herzen Dank für diese Verschiedenheit bei uns Menschen – es bereichert das Leben ungemein.